Friedrich I. Barbarossa – Das Heilige Reich: Vision und Wirklichkeit
Der Staufer Friedrich I. Barbarossa („Rotbart“) folgt 1152 seinem Onkel auf dem Thron nach. Mit Unterstützung der Fürsten führt er das Kaisertum zu neuen Höhen, aber auch in langwierige Konflikte. Mit den aufstrebenden Städten in Oberitalien kommt es zu jahrzehntelangen Kriegen. Die anfangs guten Beziehungen zum Papsttum gehen bald zu Bruch; 1177 muss sich Friedrich schließlich unterwerfen. Im Laufe seiner Regierungszeit stützt sich der Kaiser immer mehr auf unfreie Dienstmannen. Es kommt zu einer Blüte des Rittertums. Als fast 70-Jähriger bricht Friedrich zum Kreuzzug auf. Doch bevor er das Heilige Land erreicht, ertrinkt er im Sommer 1190 beim Baden im Fluss Saleph im Südosten der heutigen Türkei.
Friedrich I. Barbarossa – Herrschen wie ein antiker Kaiser
Friedrich beansprucht eine universale Herrschaft nach dem Vorbild antiker Kaiser. Die Heiligsprechung Karls des Großen 1165 dient ihm als zusätzliche Legitimation. Der Papst soll sich seiner Autorität ebenso unterordnen wie die übrigen Könige Europas und die lombardischen Städte. Die Ehre des Reichs zu verteidigen wird zum politischen Programm. Unnachgiebig versucht der Kaiser seinen umfassenden Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Doch auch in jahrzehntelangen Kämpfen kann er den Widerstand nicht brechen und muss letztlich einlenken.
Weingartner Welfenchronik
Weingarten, letztes Viertel 12. Jahrhundert (nach 1185), Pergament
Fulda, Hochschul- und Landesbibliothek Fulda, Cod. D 11
Der Stammbaum auf der linken Seite präsentiert das Geschlecht der Welfen vom 9. bis zum 12. Jahrhundert. Höhepunkt ist Kaiser Friedrich I. Barbarossa, über seine Mutter ein Welfe, über seinen Vater ein Staufer. Auf der rechten Seite thront Barbarossa als kaiserlicher Vater zwischen seinen Söhnen Heinrich VI. und Friedrich von Schwaben. Die Miniatur repräsentiert die dynastische Kraft der kaiserlichen Familie.
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Die Verehrung Karls des Großen
Niedersachsen, 2. Viertel 13. Jahrhundert, Leinen, Wolle
Halberstadt, Kulturstiftung Sachsen-Anhalt, Domschatz Halberstadt
Seit der Heiligsprechung Karls des Großen 1165 verbreitete sich im Reich nördlich der Alpen der Kult des neuen Heiligen. Auch in Halberstadt wurde Karl als Bistumsgründer verehrt. Auf dem Halberstädter Teppich ist der Kaiser ohne Heiligenschein als Herrscher im Kreis von Gelehrten dargestellt.
An der Spitze des Reichs – Zwischen Triumph und Niederlage
Zum Herrschaftsbeginn sichern sich König und Papst gegenseitige Unterstützung zu. Doch schon bald kommt es zu Verstimmungen über das Verhältnis der beiden Gewalten. Als 1159 zwei Päpste gewählt werden, ergreift Friedrich Partei. Auch die Fürsten schwört er auf „seinen“ Papst ein. Doch sein Gegner Papst Alexander III. hat die Unterstützung der oberitalienischen Städte. Viele europäische Herrscher erkennen ihn und nicht den kaiserlichen Gegenpapst an. Im Frieden von Venedig 1177 muss Friedrich seine Niederlage akzeptieren.
Friedrich will die Stellung des Reichs in Oberitalien wieder stärker zur Geltung bringen. Dies stößt bei manchen Städten auf Widerstand, der von Mailand angeführt wird. Immer wieder führt der Kaiser sein Heer über die Alpen. Doch die Schlachten und Zerstörungen bringen letztlich keinen Erfolg gegen den Lombardenbund. Im Frieden von Konstanz 1183 gesteht der Kaiser den Städten weitgehende Autonomie zu. Diese erkennen seine Herrschaft an und leisten jährliche Abgaben.
Zu Beginn seiner Herrschaft sucht Friedrich die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Adligen, den Welfen, Babenbergern und Zähringern. Geschickt sorgt er für einen Ausgleich. Die weltlichen und geistlichen Fürsten unterstützen ihn auf seinen zahlreichen Kriegszügen. Damit gehen Verschuldung und eine Belastung der Untergebenen einher. Eine Seuche im kaiserlichen Heer führt 1167 zu einem Massensterben. Als Herzog Heinrich der Löwe dem Kaiser schließlich die Unterstützung verweigert, werden ihm 1180 seine Herzogtümer Bayern und Sachsen aberkannt. Von seinem Fall profitiert nicht der Kaiser, sondern andere Fürsten.
Das verunglimpfte Kaiserpaar
Mailand, ehemals Porta Romana und Porta Tosa, Ende 12. Jahrhundert, Marmor
Mailand, Commune di Milano, Museo d’Arte Antica del Castello Sforzesco (I)
Die beiden Spottreliefs waren an den Toren Mailands angebracht. Sie wurden neu errichtet, nachdem Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Stadt 1162 hatte zerstören lassen. Viele italienische Kommunen wehrten sich gegen die „fremde“ Herrschaft der Staufer. Die Reliefs könnten Barbarossa und seine Frau Beatrix zeigen.
Der Raum am Rhein – Die "größte Kraft des Reichs"
Zwischen Basel und Mainz liege „die größte Kraft des Reichs“, so formuliert es Bischof Otto von Freising, der Onkel Friedrichs I. Barbarossa. Hier gibt es wirtschaftlich bedeutende Königshöfe, hier floriert der Handel in den aufstrebenden Städten, hier errichten die kaiserlichen Dienstmannen ihre mächtigen Burgen. Der Rhein war ein wichtiger Handels- und Verkehrsweg. Barbarossa lässt bestehende Königspfalzen ausbauen und neue errichten. Die Gründung und Förderung von Städten verstärken den wirtschaftlichen Aufschwung.
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Hohe Ideale – Ritter und Kreuzzüge
Ein Kreuzzug ist ein vom Papst ausgerufener Kampf gegen Andersgläubige. Den Teilnehmern des entbehrungsreichen Zugs winkt als Lohn der vollständige Erlass ihrer Sündenstrafen. Der erste Kreuzzug endet 1099 mit der Eroberung Jerusalems. Der erneute Verlust der Heiligen Stadt 1187 mobilisiert die Christenheit. Friedrich I. sammelt ein großes Heer und zieht auf dem Landweg über Ungarn und Byzanz nach Kleinasien. Doch bevor das Heer Palästina erreicht, stirbt der Kaiser. Die meisten Teilnehmer kehren um, nur wenige ziehen mit Friedrichs Sohn weiter.
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Christliches Rittertum – Neue Säule der Macht
Durch die Kreuzzüge entsteht das Ideal des christlichen Ritters, der für den Glauben kämpft. Das Rittertum erfasst alle sozialen Stufen, es reicht vom Kaiser bis zum Dienstmann. In dieser Standesgemeinschaft bildet sich eine eigene höfische Kultur heraus. Diese findet ihren Ausdruck in Gesang und Literatur, kostbarer Kleidung, der Jagd und Turnieren. Die Minne als höfische Liebe und Verehrung der Frau wird zu einem zentralen Motiv. Der berittene Krieger wandelt sich zum Ritter, der einem Tugendkanon folgt: Treue, Maßhalten, Freigebigkeit, Ehre und gutes Benehmen.
© Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 389
Sittenlehre für den Adel
Bayern (Regensburg?), um 1256, Pergament
Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 389
Mit dem 14.750 Verse umfassenden Lehrgedicht der „Welsche Gast“ von Thomasin von Zerklaere sollten dem Adel höfische und religiöse Verhaltensnormen sowie ethische Werte vermittelt werden. Zentrale Themen sind die höfische Kultur und das Rittertum. Als wichtigste Tugenden gelten Standhaftigkeit und Beharrlichkeit. Dem gegenübergestellt wird der Ausbruch aus dem von Gott gegebenen Rang. So werden verschiedene Träume und Wunschvorstellungen dargestellt.
Ritter am Rhein
Ein Ritter ist ein schwer gepanzerter Reiterkrieger. Er ist einem Tugendsystem verpflichtet und soll die Schwachen und den Glauben verteidigen. Die Idee des christlichen Rittertums verbindet hohe Adlige, freie Herren und unfreie Dienstmannen. Besonders Letztere werden als Spezialisten für Krieg, Verwaltung und Diplomatie zu wichtigen Stützen der Kaiser. Ihre hoch gelegenen Burgen dominieren die Landschaft und sind steinerne Zeugnisse ihrer bedeutenden Stellung.
Ritterkopf
Bamberg, um 1230/1240, Schilfsandstein
Bamberg, Museen der Stadt Bamberg, Historisches Museum Bamberg, Historischer Verein Bamberg
Dargestellt ist ein bärtiger Ritter mit Kettenhemd und Helm mit Kinnriemen. Der Fundort in der 1310 gegründeten Bamberger Dominikanerkirche gibt Anlass zur Vermutung, der Ritterheilige Georg oder Mauritius könnte dargestellt sein.
Vorstellungen vom Rittertum
Magdeburg / Schwibbogen 9, Mitte 13. Jahrhundert, Zinn, Vergoldung
Ritter, Turniere und höfische Romane fanden nicht nur am Hof starke Verbreitung. Auch die Bürger der Stadt begeisterten sich dafür, wie die in Magdeburg gefundenen Zinnstreifen mit Szenen aus dem Parzival-Epos zeigen. Die Zinnstreifen konnten als Dekor für Kästchen oder Turnierkronen dienen.
Im Kreis der Ritter – Hoftag, Familienfeier und Kreuzzug
Mainzer Hoffest (1184)
An Pfingsten 1184 versammelt sich das Reich auf der Maaraue bei Mainz. Es ist eine prachtvolle Zusammenkunft bisher unbekannten Ausmaßes und ein Höhepunkt der höfisch-ritterlichen Kultur. Inmitten der riesigen Zeltstadt wird sogar eine eigene hölzerne Kirche errichtet. Die Versammlung ist ein politisches Fest – Hoftag und Familienfeier zugleich. Im Mittelpunkt steht die Schwertleite der beiden Kaisersöhne. Zu diesem Anlass kommen nicht nur die Fürsten, sondern mehr als zehntausend Ritter zusammen. Gemeinsam feiert man den Gottesdienst, sitzt beim Festmahl beisammen, lauscht den Spielleuten und misst sich in Turnieren.
Mainzer Hoftag Jesu Christi (1188)
Den Auftakt für Friedrichs Kreuzzug bildet ein Hoftag in Mainz. Demonstrativ verzichtet der Kaiser auf seinen Platz als Vorsitzender, da dieser Christus selbst gebührt. Kaiser, Fürsten und Ritter hören gemeinsam die Predigt: Sie alle werden aufgerufen, ihre Waffen in den Dienst Christi zu stellen. Als Zeichen ihres Gelöbnisses heften sich die Anwesenden das Kreuz an. Am Tag des heiligen Georg, des Patrons der Ritter, soll im nächsten Jahr der Kreuzzug beginnen. Teilnehmen darf nur, wer sich für mindestens ein Jahr selbst versorgen kann.
Der Kaiser auf Kreuzzug
Prämonstratenserstift Schäftlarn, 1188/1189, Pergament
Città del Vaticano, Biblioteca Apostoloca Vaticana, Vat. Lat. 2001
Die „Geschichte Jerusalems“ berichtet über den Ersten Kreuzzug. Dieses Exemplar wurde eigens für Friedrich I. Barbarossa angefertigt und sollte ihm den Weg ins Heilige Land weisen. Der Kaiser ist als Kreuzfahrer dargestellt. Barbarossa führte als „erster Ritter“ den Dritten Kreuzzug an.
Das Highlight: Der sog. Cappenberger Barbarossakopf – Kaiserporträt oder Reliquienbüste?
Hildesheim, 1150–1171, Bronze, vergoldet
Cappenberg, Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Evangelist
Lange Zeit galt der prächtige Cappenberger Kopf als Abbild Kaiser Friedrichs I. Barbarossa. Die Reliquienbüste wurde von Graf Otto von Cappenberg, dem Taufpaten Barbarossas, in Auftrag gegeben und 1171 dem Prämonstratenserstift Cappenberg geschenkt. Neuere Deutungen sprechen das Kunstwerk nicht mehr als Barbarossakopf, sondern als Reliquienbüste eines Heiligen an.
Digitale Kurzführung: Tobias Bast präsentiert den Cappenberger Kopf
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